Am 1. Juni 2018 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Änderung des Geldwäschereigesetzes veröffentlicht. Neben der Einführung von Sorgfaltspflichten für bestimmte (Beratungs-)Dienstleistungen im Zusammenhang mit Gesellschaften und Trusts, soll das bisher in Art. 305ter Abs. 2 StGB statuierte Melderecht der Finanzintermediäre abgeschafft werden. Dies trägt zur Rechtsicherheit bei und ist mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung zu begrüssen. Doch wird dadurch die Flut der Meldungen an die Meldestelle MROS eingedämmt?
Die Meldewelle nimmt ihren Lauf
Das Schweizer Meldesystem der Geldwäscherei weist mit dem Nebeneinander von Meldepflicht und Melderecht eine Besonderheit auf. Je nach Schwere der Verdachtsmomente wird zwischen der Meldung eines begründeten oder eines einfachen Verdachts unterschieden. Für die beiden Kategorien gibt es zwei verschiedene Gesetzesbestimmungen: Artikel 9 GwG (Meldepflicht) und Artikel 305ter Absatz 2 StGB (Melderecht).
Die Schwierigkeit für die Finanzintermediäre, festzustellen, ob es sich um einen begründeten Verdacht handelte, der eine Meldepflicht nach Art. 9 GwG auslöste, führte dazu, dass sich diese mehr und mehr ihrem Melderecht bedienten, was zu einer Flut von Meldungen an die MROS führte: Gemäss Jahresbericht der MROS gingen im Jahre 2017 total 4684 Meldungen ein (60% mehr als im Vorjahr!), wovon 2562 (55%) aufgrund des Melderechts und 2122 (45%) aufgrund der Meldepflicht. Zieht man in Betracht, dass schliesslich nur knapp die Hälfte der eingegangenen Fälle (2206) von der MROS an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurden, kommt der Verdacht auf, dass in gewissen Fällen etwas unbedarft Meldungen erstattet wurden und die Pflicht zur Vornahme von weiteren Abklärungen indirekt an die MROS delegiert wurde.
Die Rechtsprechung verlangt eine exzessive Auslegung des "begründeten Verdachts" gemäss Art. 9 GwG
Die Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung der Meldepflicht nach Art. 9 GwG haben in den letzten Jahren bestätigt, dass der Begriff des «begründeten Verdachts» weit zu verstehen sei. In neuen Entscheiden des Bundesgerichts wurde insbesondere festgehalten, dass ein Verdacht ohne weiteres als begründet im Sinne von Art. 9 GwG gelte, wenn verdächtige Anhaltspunkte im Rahmen von Hintergrundsabklärungen nicht ausgeräumt werden können. Mangels Klärung innert angemessener Frist könne auch ein «simple doute» eine Meldepflicht nach Art. 9 GwG auslösen (so insbesondere im Urteil des Bundesgerichts 1 B_433/2017 vom 21. März 2018, Erwägung 4.9).
Finanzintermediäre in der Pflicht
Aufgrund der vorgenannten Rechtsprechung, wonach die Finanzintermediäre schon bei einem einfachen Verdacht melden müssen, macht eine Abschaffung des Melderechts durchaus Sinn. Die Tendenz, dass Finanzintermediäre ohne weitere Abklärungen melden, um auf der sicheren Seite zu sein, wird damit aber nicht eingedämmt. Die Finanzintermediäre sind deshalb gehalten, ihren besonderen Abklärungspflichten gemäss Art. 6 GwG ausreichend nachzukommen und erst zu melden, wenn der Verdacht nicht beseitigt werden konnte. Ein klarer interner Prozess unter Berücksichtigung der vorzunehmenden zusätzlichen Abklärungen sowie der entsprechenden Dokumentation kann das Absetzen von unnötigen Meldungen eindämmen und mithelfen, zu verhindern, dass das Meldewesen in naher Zukunft kollabiert.