Steigende Risiken für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung durch «Virtual Assets»

Am 28. Februar 2024 publizierte die interdepartementale Koordinationsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (KGGT) im neuesten National Risk Assessment (NRA) die aktuellsten Feststellungen zu den Risiken von «Virtual Assets» (VAs) (zur Medienmitteilung des Bundesrates).

Ausgangslage

VAs haben sich in den vergangenen zehn Jahren von einer Nischenaktivität zu einem Massenphänomen mit Auswirkungen auf das traditionelle Finanzsystem entwickelt. Die Anzahl an sogenannten Virtual Asset Service Provider (VASP), also Finanzintermediären, die Dienstleistungen im Bereich der VAs anbieten, wächst - bei Unternehmen wie Privatpersonen ist die Verwendung von VAs verbreitet. Indes wurde auch das Potenzial dieses Zahlungssystems für kriminelle Aktivitäten erkannt. Die illegalen Zwecke, für die VAs missbraucht werden, sind vielfältig und erstrecken sich von Diebstahls- und Betrugsdelikten bis hin zu schwersten Formen der transnationalen Kriminalität, einschliesslich Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (GW/TF). Allen an der Bekämpfung der Geldwäscherei beteiligten Akteuren stellen sich damit erhebliche Herausforderungen.

Identifizierte Risiken

Seit dem letzten NRA-Bericht 2018 haben sich der Einfluss und die Bedeutung von VAs grundlegend verändert. Die MROS erhält heute täglich Verdachtsmeldungen mit VA-Bezug und konnte in diesem Kontext Folgendes feststellen:

  1. In der Schweiz ist die Anzahl an Finanzintermediären mit VASP-Tätigkeit von unter zehn im Jahr 2018 auf über 204 per Ende 2022 erheblich angestiegen.
  2. Die Akzeptanz und Verwendung von VAs für Zahlungen im Handel, für Dienstleistungen und für Investitionen steigt sowohl seitens Privatpersonen als auch seitens Unternehmen kontinuierlich an.
  3. Schweizweit sowie global lässt sich eine Zunahme der kriminellen Nutzung von VAs beobachten, die Deliktsarten sind zudem deutlich diverser geworden. Die Schadenssumme, die 2022 durch VAs angefallen ist, belief sich in der Schweiz auf einen zweistelligen Millionenbetrag, während sie 2007 noch bei ca. CHF 7 Mio. lag. Bei gewissen Straftaten wie beispielsweise Investmentbetrug oder Ransomeware werden VAs heute standardmässig verwendet.
  4. In den vergangenen Jahren haben Finanzintermediäre in der Schweiz zunehmend mutmasslich GW/TF-relevante Vorgänge mittels VAs auf den von ihnen geführten Konten festgestellt. Dabei zeigten sich unter anderem Verbindungen zu politisch exponierten Personen (PEP), internationalen Korruptionsaffären, transnationalen Gruppen im Bereich der organisierten Kriminalität oder staatlichen Akteuren.

Risikomindernde Faktoren

Folgende Faktoren tragen gemäss aktuellem NRA-Bericht zur Minderung der genannten Risiken bei:

  • Die internationale Zusammenarbeit bei VA-Ermittlungen zeigt, dass verstärktes Tracing, Sperrungen und Einziehungen von VAs Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung effektiv bekämpfen können.
  • Konsolidierung im Markt und grosse Kryptobörsen haben ihre Compliance-Massnahmen verstärkt, was das Abwehrdispositiv weltweit stärkt.
  • Blockchains sind naturgemäss transparenter als traditionelle Zahlungssysteme. Dies führt zu einer besseren Nachverfolgbarkeit von VAs; Blockchain-Analysetools können verdächtige Aktivitäten leichter identifizieren und verfolgen.
  • Schliesslich trägt in der Schweiz die Ausweitung der Definition von Finanzintermediation im VA-Bereich dazu bei, eine breitere Palette von Akteuren in den Anwendungsbereich des Geldwäschereigesetzes zu bringen. Dies schliesst Lücken in den Massnahmen zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.

Vorgeschlagene Massnahmen

Die KGGT schlägt vier Massnahmen vor, um das aktuelle Geldwäschereiabwehrdispositiv im VA-Bereich zu stärken:

  1. Verbesserung des Daten- und Kenntnisstands zum VA-Sektor in der Schweiz.
  2. Förderung eines proaktiven Meldeverhaltens von Finanzintermediären mit VASP-Tätigkeit.
  3. Bereitstellung von ausreichenden Kapazitäten und Ressourcen für die GW/TF-Bekämpfung im VA-Bereich.
  4. Stärkung der internationalen Zusammenarbeit.

Fazit

Die neuen technologischen Möglichkeiten, die VAs bieten, sind in Bezug auf die GW/TF-Bekämpfung sowohl mit Chancen als auch mit Risiken verbunden. Diese hängen primär mit den Eigenschaften von VAs zusammen und können die Risikolandschaft je nach Stossrichtung künftiger Entwicklungen entscheidend verändern. Folglich ist es wichtig, dass die Schweiz die von VAs ausgehenden Risiken anerkennt und wirkungsvolle Massnahmen ergreift, um Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung effektiv zu bekämpfen. Die Relevanz von VAs im Finanzsektor nimmt weiter zu und stellt die Schweiz vor die Aufgabe, den damit verbundenen Mechanismen und dem wachsenden Aufkommen krimineller Aktivitäten adäquat begegnen zu können.

09.05.2024




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