Im ersten Jahr nach Inkrafttreten von FIDLEG stehen die Finanzdienstleister vor der Frage, wie die Umsetzung der in diesem Gesetz enthaltenen Verhaltenspflichten erfolgen soll. Die Anpassung der Kundenverträge stellt einen ersten Schritt dieser Umsetzung dar.
Neben der Kundensegmentierung auferlegt das FIDLEG den Finanzdienstleistern eine Fülle von Verhaltenspflichten. Es handelt sich dabei namentlich um folgende Anforderungen:
- Informationspflichten,
- Eignungs- und Angemessenheitsprüfung,
- Dokumentations- und
- Rechenschaftspflichten.
Kundensegmentierung
Bei der Kundensegmentierung wird den Finanzdienstleistern eine Wahlmöglichkeit belassen. Sie können freiwillig sämtlichen Kunden das höchste Schutzniveau - nämlich jenes der Privatkunden - gewähren und so auf eine Kundensegmentierung verzichten. Andernfalls sind die Kunden in eines der drei folgenden Segmente einzuteilen:
- Privatkunden
- Professionelle Kunden
- Institutionelle Kunden
Zudem besteht eine gewisse Durchlässigkeit zwischen diesen Segmenten, indem das Gesetz sog. Opting-out- und Opting-in-Möglichkeiten vorsieht. Zumindest die professionellen und institutionellen Kunden sind über diese Möglichkeiten aufzuklären. Entsprechende Erklärungen der Kunden müssen in schriftlicher oder anderer durch Text nachweisbarer Form dokumentiert werden. Da die Pflichten des Finanzdienstleisters massgeblich von der Segmentierung des Kunden abhängen, liegt es nahe, diese sogleich ins Vertragsset zu integrieren.
Informationspflichten
Den Kunden sind unter anderem Informationen über den Finanzdienstleister selbst, die angebotenen Dienstleistungen und Finanzinstrumente zukommen zu lassen. Da auch die Abgabe dieser Informationen und damit die Einhaltung dieser Verhaltenspflicht dokumentiert werden sollte, empfiehlt es sich, das Vertragsset mit einer entsprechenden Kundeninformation zu ergänzen.
Eignungs- und Angemessenheitsprüfung
Zur Durchführung der Eignungsprüfung benötigt der Finanzdienstleister Informationen des Kunden zu dessen Kenntnissen und Erfahrungen, finanziellen Verhältnissen und Anlagezielen. Die Angemessenheitsprüfung stützt sich ausschliesslich auf die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden. Diese Informationen sind in einem Risikoprofil des Kunden zu dokumentieren. Bei der Vermögensverwaltung und der portfoliobezogenen Anlageberatung ist zudem basierend auf diesen Informationen mit dem Kunden eine Anlagestrategie zu vereinbaren. Diese Dokumentation bildet einen zentralen Bestandteil der Kundenbeziehung und somit des Vertragssets.
Dokumentations- und Rechenschaftspflichten
Die FIDLEG-Dokumentationspflichten verlangen von Finanzdienstleistern unter anderem, dass sowohl die mit dem Kunden vereinbarten Finanzdienstleistungen als auch die über den Kunden erhobenen Informationen festgehalten werden müssen. Dies bedingt, dass für alle für den Kunden erbrachten Finanzdienstleistungen ein entsprechender Vertrag abgeschlossen werden muss.
Auch im Zusammenhang mit den Rechenschaftspflichten sind individuelle Vereinbarungen mit dem Kunden möglich. Eine entsprechende Regelung ist idealerweise ebenfalls Bestandteil des Kundenvertrags.
Fazit
Bestehende Kundenvertragswerke sowie neue Finanzdienstleistungsverträge sind also hinsichtlich der FIDLEG-Aspekte zu prüfen und anzupassen. Um möglichen Veränderungen während eines Kundenlebenszyklus Rechnung zu tragen, ist es empfehlenswert, die Kundenverträge möglichst modular aufzusetzen. So ist gewährleistet, dass beispielsweise bei einer Änderung der Kundensegmentierung oder des Risikoprofils nicht sogleich das komplette Vertragsset durch den Kunden neu unterzeichnet werden muss.