Mit dem Inkrafttreten entsprechender Regulierungsänderungen kann in der Schweiz ein/e Aktionär/in eines Unternehmens seine/ihre digitalen Aktien künftig selbstständig halten und übertragen – ohne Bank als Intermediär und Verwahrungsstelle. Die Rechteübertragung wird dadurch stark vereinfacht. Zudem werden unternehmensrechtliche Abläufe, wie zum Beispiel Abstimmungen, Kapitalerhöhungen und Registeraktualisierungen, effizienter und kostengünstiger. Dank technologischer Lösungen stehen dem Unternehmensmanagement rund um die Uhr zahlreiche Funktionen zur Verfügung.
Beim Thema Blockchain geht es nicht nur um Bitcoin
Wenn von Krypto-Assets gesprochen wird, denkt man oft zuerst an Bitcoins (BTC) und wie viel sie wohl gerade wert sein mögen. Tatsächlich bieten Blockchain- und Distributed-Ledger-Technologien (DLT) aber weitere Vorteile, wie beispielsweise die Möglichkeit, Vermögenswerte – darunter auch Unternehmensaktien – zu digitalisieren. In der Schweiz ist es dank einer entsprechenden Gesetzesänderung künftig möglich, Unternehmensaktien als Blockchain/DLT-Einträge zu registrieren. Die bekannten Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum sind davon nicht betroffen, da es sich bei ihnen um Zahlungstoken (immaterielle Vermögenswerte) handelt, die nicht als Registerwertrechte registriert werden können.
Neue DLT-basierte Wertrechte
Das vor Kurzem teilweise in Kraft getretene DLT-Gesetz («Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register») hat Auswirkungen auf und erläutert die Vorschriften für die Übertragung und das Eigentum an digitalen Vermögenswerten aus Sicht des Schweizer Rechts. Alle endgültigen Änderungen am DLT-Gesetz treten am 1. August 2021 in Kraft.
Der durch das Gesetz aktualisierte Art. 973d des Schweizer Obligationenrechts (OR) hält fest, dass ein DLT-basiertes Wertrecht ein Recht ist, das durch Vereinbarung zwischen den Parteien in einem Wertrechteregister eingetragen wird und nur über dieses Register ausgeübt und auf andere übertragen werden kann.
Die Anforderungen umfassen unter anderem, dass das Wertrechteregister ein technologisches Verfahren anwendet, das die Verfügungsgewalt über die Rechte dem/der Aktionär/in, nicht aber dem Emittenten verleiht. Festgehalten wird zudem, dass alle Einträge buchhalterisch aufgezeichnet werden sollen. Die Integrität der technologischen Lösung muss durch geeignete technische und organisatorische Massnahmen sichergestellt werden, wie beispielsweise durch eine gemeinsame Verwaltung durch mehrere unabhängige Teilnehmende, die vor unbefugten Änderungen schützen. Aktionärinnen und Aktionäre sowie Gläubigerinnen und Gläubiger sollten Zugriff auf die Informationen im Register haben und die Integrität des Registerinhalts ohne Involvierung Dritter überprüfen können. Darüber hinaus muss der Emittent sicherstellen, dass das Register gemäss seinem Verwendungszweck verwendet wird und es jederzeit konform der Registrierungsvereinbarung (Statuten) funktioniert.
Gemäss Art. 686 OR muss das Unternehmen ein Aktienregister führen, in dem die Daten der begünstigten Aktieninhaberinnen und -inhaber aufgeführt werden. Dieser Prozess ist aber effizient und kostengünstig, da das Register über Registerwertrechte bereitgestellt wird. Die Aufzeichnung der Handlungen des Unternehmens mittels Blockchain-Technologie vereinfacht zudem den Auditprozess und kann Betriebskosten senken, wenn man bedenkt, dass die Blockchain mehr Transparenz und vollständige Rückverfolgbarkeit ermöglicht.
Einfache Umwandlung
Um Registerwertrechte zu emittieren und zu halten, ist es nicht notwendig, dass das emittierende Unternehmen die Dienste einer Drittpartei, einer Verwahrungsstelle oder einer Bank für die Registrierung und Übertragung solcher Aktien in Anspruch nimmt. Im Prinzip bedeutet dies, dass der/die Investor/in Aktien als Registrierungswerte direkt über eine dafür vorgesehene Plattform auf eine/n andere/n Investorin übertragen kann. Diese Digitalisierungsmöglichkeiten sind nicht nur auf neu gegründete Unternehmen anwendbar, sondern können auch für bestehende Strukturen eingesetzt werden. Unternehmen können ihre Bucheffekten in Blockchain-basierte Wertrechte umwandeln. Dabei gilt es zu beachten, dass es gemäss den neuen Regeln nicht möglich ist, gleichzeitig Aktien auf der Blockchain und mit traditionellen Registrierungsmethoden zu halten (oder umgekehrt). Im Falle der Übertragung auf eine Verwahrungsstelle sind Registerwertrechte im Wertrechteregister zu immobilisieren (BEG, Artikel 6).
Die Schweiz ist bereits im Vollbetrieb
Wie an den gesetzlichen Anforderungen unschwer erkennbar ist, ist es wichtig, dass für den Digitalisierungsprozess eine adäquate technologische Lösung zur Verfügung steht. Die Tokenisierung kann mittels der bekannten Ethereum-Plattform ERC-20 oder einer anderen verfügbaren Plattform erfolgen. Ein intelligenter Vertrag widerspiegelt dabei die in den Statuten festgehaltenen Regeln.
Auf dem Schweizer Markt sind bereits Lösungen verfügbar, die eine einfache Verwaltung von Unternehmen ermöglichen, die auf der Blockchain oder DLT registriert sind. Aus rechtlicher Sicht ist jedoch nach wie vor entsprechendes Fachwissen erforderlich, um einen reibungslosen Übergangsprozess zu gewährleisten. Zugleich können die Betriebskosten dadurch erheblich gesenkt werden.
Die von den Änderungen des neuen DLT-Gesetzes betroffenen bzw. damit zusammenhängenden Bundesgesetze:
- Zivilgesetzbuch (ZGB)
- Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
- Bankengesetz (BankG)
- Finanzmarktrecht (FIDLEG, FINIG, FINFRAG)
- Geldwäschereigesetz (GwG)
- Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG)
- Nationalbankgesetz (NBG)
- Bundesgesetz über Bucheffekten (BEG)
- Obligationenrecht (OR)
- Kollektivanlagengesetz (KAG)