Rückblick: Die Geschichte des Einlegerschutzes
Die Einlagensicherung sowie die privilegierte Behandlung von Einlagen im Konkursfall gibt es in der Schweiz seit den 1930er-Jahren. Bis zur Konkursabwicklung der Spar- und Leihkasse Thun 1991 kam die Einlagensicherung jedoch kaum zur Anwendung.
Aus den Erkenntnissen ebendieser Konkursabwicklung wurde die Einlagensicherung schliesslich neu durchdacht und ausgebaut. Die Definition und der Umfang der privilegierten Einlagen wurden erweitert. Unter anderem wurde die bisher für Sparguthaben bis CHF 10'000 bestehende Privilegierung auf CHF 30'000 erhöht und die Privilegierung der zweiten Klasse nach Art. 219 Abs. 4 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) zugewiesen. Zudem war die Deckung ausschliesslich auf Spar- und Lohnkonten von Privatkunden begrenzt; diese wurde entsprechend auf alle Einlagen ausgedehnt. Die maximale Obergrenze der zu leistenden Beiträge wurde auf CHF 1 Mia. festgelegt.
Die Gründung der «esisuisse»
Gemäss Art. 37h des Bankengesetzes (BankG) beruht das Einlagensicherungssystem auf einer Selbstregulierung. Folglich wurde – nach Genehmigung durch die FINMA – 2005 der Verein «esisuisse» in Basel gegründet.
Revision des Einlegerschutzes
Bereits drei Jahre später – infolge der Finanzkrise – wurde als Sofortmassnahme das dringliche Gesetz über die Verstärkung des Einlegerschutzes am 20. Dezember 2008 in Kraft gesetzt. Dabei wurde erstens die Sicherung auf CHF 100'000 pro Kunde (bei Schweizer Geschäftsstellen) und zweitens die Obergrenze der zu leistenden Beiträge auf CHF 6 Mia. erhöht. Drittens wurden die Banken verpflichtet, inländische Aktiven im Umfang von 125 Prozent ihrer privilegierten Einlagen zu halten. Dies war nötig, um sicherzustellen, dass im Inland genügend Vermögenswerte zur Begleichung der Kundenforderungen vorhanden waren. Viertens wurde die sofortige Auszahlung aus den liquiden Mitteln flexibler und grosszügiger gestaltet. Fünftens wurden Einlagen bei Vorsorgestiftungen gesondert und zusätzlich zu den privilegierten Bankeinlagen im Umfang von ebenfalls CHF 100'000 im Konkurs privilegiert. Diese Sofortmassnahmen wurden 2008 auf dem Höhepunkt der jüngsten Finanzkrise zeitlich befristet eingeführt. Das Parlament überführte diese Massnahmen 2011 ins BankG.
Ausblick: Die Gründe für die weitere Revision des Einlegerschutzes
- Trotz der steigenden Gesamtsumme der gesicherten Einlagen blieb die Obergrenze von CHF 6 Mia. (Art. 37h Abs. 3 Bst. B BankG) konstant (aktuell werden lediglich 1.3% der gesicherten Einlagen gedeckt).
- Ausserdem erfolgt die Finanzierung der Einlagen durch die übrigen Banken erst bei einem Anwendungsfall. Notabene: zum heutigen Zeitpunkt hat die «esisuisse» die CHF 6 Mia. nicht vorfinanziert.
- Schliesslich zeigt die Praxiserfahrung, dass die Auszahlung der Einlagen zum heutigen Zeitpunkt mehrere Monate dauern kann. Dies schädigt das Vertrauen in das System und würde einen «Bank-Run» nicht glaubhaft verhindern.
Am 8. März 2019 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zur Teilrevision des BankG. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 14. Juni 2019. Am 19. Juni 2020 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Teilrevision des BankG. Die Prüfung des Bundesrats habe gezeigt, dass ein grundsätzlicher Umbau des Einlegerschutzes nicht notwendig sei. Nichtsdestotrotz sei die Funktionsfähigkeit mit einigen punktuellen, pragmatischen Anpassungen zu verbessern. Dies könne mittels der nachfolgenden drei Änderungen vorgenommen werden:
- Die Maximalverpflichtung von CHF 6 Mia. wird an die gestiegenen Einlagen angepasst. Der Maximalbetrag soll nun 1.6% der gesicherten Einlagen betragen und darf die Grenze von CHF 6 Mia. nicht unterschreiten.
- Das heutige System mit der Sicherstellung von Zusatzliquidität durch die Banken soll durch die Pflicht zur Hinterlegung von Wertschriften abgelöst werden. Die Banken müssen im Umfang der Hälfte ihrer Beitragsverpflichtungen liquide Wertschriften von hoher Qualität oder Schweizer Franken in bar bei einer Verwahrungsstelle dauernd und sicher hinterlegen. Für kleinere Institute wird eine Vereinfachung vorgesehen. Für solche Institute soll eine gleichwertige Sicherstellung in Form eines Bardarlehens möglich sein. Kommt eine beitragspflichtige Bank in einem Anwendungsfall ihrer Zahlungspflicht nicht nach, so verwendet die Einlagensicherung die bereits hinterlegten Werte.
- Zwei neue Fristen zur Auszahlung werden vorgesehen. Sobald der ernannte Liquidator über die Anordnung des Konkurses instruiert wurde, erfolgt die Auszahlung an den Liquidator aus der Einlagensicherung innert sieben Tagen. Für den Liquidator gilt indes ebenfalls eine siebentägige Frist nach Eingang der Zahlungsinstruktion des Einlegers. Um letztere Frist einhalten zu können, werden die Banken verpflichtet, Vorbereitungsmassnahmen zu treffen. Denn die Schwierigkeit besteht eben darin, dass bei den Auszahlungen die gesicherten Einlagen den entsprechenden Einlegern nicht ohne Weiteres zugeordnet werden können.
Voraussichtlich wird sich das Parlament noch im laufenden Quartal mit der Vorlage befassen. Es wird erwartet, dass die Teilrevision des BankG frühestens im ersten Quartal 2022 in Kraft treten wird.