Der Dschungel…gemäss Duden ein undurchdringlicher tropischer Sumpfwald oder auch gleichbedeutend mit wirres Durcheinander, Undurchdringlichkeit, Undurchschaubarkeit.
Im Finanzmarktbereich hat sich in den letzten Jahren der Begriff „Regulierungsdschungel“ entwickelt und etabliert, denn es ist unbestritten, dass die Regulierungsdichte enorm ist. Manch ein Compliance-Verantwortlicher verspürte wohl schon das Bedürfnis zur Machete zu greifen und mit dem Blätterwirrwarr, das angesichts eines neuen Regulierungsvorhabens zur Lektüre vor ihm lag, kurzen Prozess zu machen.
Vom Dschungel zum Wald …
In unseren Breitengraden hat der Wald kaum etwas Bedrohliches ganz im Gegenteil zum wilden, unberechenbaren Dschungel. Ein Wald ist meist mit Karten und Wegen erschlossen, die Orientierung fällt nicht schwer. Der Wald wird kultiviert, gilt als sicher und wird zur Erholung genutzt.
Doch wie schaffen wir es, uns wie in einem Wald, statt in einem Dschungel zu fühlen? Als erstes ist zu vermeiden, dass wir „vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen“. Der Wald steht für das grosse Ganze: das regulatorische Rahmenwerk; bestehend aus vielen einzelnen Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien, Wegleitungen, FAQs und Auslegungen.
Aktuell beschäftigen die Finanzmarktteilnehmer verschiedene Fragen, wie zum Beispiel:
- Das vertraute 08/24 FINMA Rundschreiben wurde zum Rundschreiben 2017/1 „Corporate Governance – Banken“ – müssen wir nun unser IKS umkrempeln?
- MiFID II ist einmal mehr in aller Munde – betrifft uns diese EU-Regulierung überhaupt?
- Was wurde aus dem FIDLEG / FINIG Vorhaben? Ab wann wird diese Regulierung eigentlich relevant?
- Das Gesetz zum Automatischen Informationsaustausch (AIA) ist nun in Kraft und langsam häufen sich die konkreten Umsetzungsfragen…das Problem: oft kennt niemand die finale Antwort.
- Zahlreiche IRS Alerts haben zum Jahreswechsel das neue QI-Agreement angekündigt und es ist nun tatsächlich in Kraft getreten. Aber was ist denn überhaupt neu, ausser der erneuten Registrierung?
- Mit der revidierten Geldwäschereiverordnung und der VSB 16 haben wir uns vertraut gemacht – aber wie sieht es hinter den Kulissen, d.h. in den Kundendossiers effektiv aus?
...den Wald sehen
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Orientierung und in der Frage: Wo stehen wir als Finanzmarktteilnehmer? Welche Bäume können wir fällen, da uns die Regulierung nicht betrifft? Welche gilt es zurechtzustutzen, damit wir uns aus Compliance Sicht nicht in den Ästen verheddern und welche sind in ihrer Ganzheit zu pflegen?
In der Orientierungsphase geht es darum zu verstehen, worum es sich bei einer anstehenden Regulierung handelt. Diese Phase ist anspruchsvoll, aber es gibt verschiedene Orientierungshilfen. Das Angebot an Veranstaltungen, Blogs und Kommentaren, Regulatory Radars, Themen Breakfasts, etc. besteht… nutzen Sie es!
Zeigt sich daraus, dass eine Regulierung für das eigene Institut von Relevanz ist, geht es weiter mit der vertieften Auseinandersetzung mittels Health Check und Impactanalyse.
Ist der Kompass ausgerichtet, sind die richtigen Entscheidungen zu treffen, damit das Ziel rechtzeitig vor Sonnenuntergang erreicht wird. Oft hat man die Wahl zwischen einem längeren, dafür gemütlicheren Weg oder, wenn die Zeit knapp wird, den steilen und steinigeren, dafür aber direkten Weg. Dies ist eine Frage der Priorisierung und ist abhängig davon, welchen Regulierungsthemen sich das Institut gesamthaft annehmen muss.
Ob es sinnvoll ist, sich mit einem Regulierungsvorhaben auseinanderzusetzen bevor es überhaupt in Kraft getreten ist, ist im Gesamtkontext zu beantworten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es nicht ratsam ist, bis zum letzten Moment abzuwarten, denn dann bleibt wenig Spielraum für sorgfältige und notwendige „Remediation“-Aktivitäten. „Best-Practice“ entwickelt sich naturgemäss erst mit der Zeit, trotzdem sollte mit der Umsetzung einer Regulierung nicht gänzlich zugewartet werden bis sich diese etabliert hat…nachjustieren ist jedoch immer erlaubt. Zudem sind wir der Überzeugung, dass Implementierungsprojekte nicht isoliert ablaufen, sondern miteinander koordiniert und Synergien genutzt werden sollten.